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Gettorf: St. Jürgen-Kirche

Die Gettorfer Kirche wird erstmals in einer Urkunde 1318 erwähnt, damit schenkte der Schleswiger Bischof den Zehnten dem Domkapitel. Der Ziegelbau erfolgte bereits im 13. Jahrhundert, der massive Steinbau des heutigen Turmes, dessen Mauern in die Kirche hineinragt, ist bereits aus der ersten Kirchenbauphase unter König Blauzahn um 980 erfolgt. Mehr dazu findet sich in der gut dokumentierten dänischen Geschichtsschreibung.

Nach dem päpstlichen Register von 1498 war Gottschalk von Ahlefeld der Kirchherr von Sankt Nicolai in Gettorf, neben St. Nikolaus und der Gottesmutter Marie gab es wie in allen mittelalterlichen Kirchen noch weitere Seitenaltäre. Die St. Jürgen Kapelle wird erstmals in einer Zehntliste 1463 erwähnt. Sie wurde wie alle anderen St. Jürgen Kapellen im Herzogtum zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert für die Leprakranken im Dänischen Wohld neben der Kirche erbaut und wurde später unter dem Patronat der von Ahlefelds ab 1460 bis 1530 zum wichtigsten Pilgerort im Herzogtum. Erst die Einnahmen durch die Pilger ermöglichten ein umfangreiches Bauprogramm, wie 1486 Bau eines neuen Speicherhauses, 1491 Vollendung des heutigen Kirchturms, 1493 neuer Predigtstuhl, 1497 Herstellung des Geläutes von drei Glocken mit Turmuhr, 1502 Renovierung und Erweiterung der St. Jürgenkapelle, 1505 Aufstellung einer lebensgroßen versilberten St. Jürgen Figur zu Pferde, 1512 Bau eines Turmes an die St. Jürgen Kapelle und Eindeckung mit Kupfer, 1516 Einbau einer neuen großen Orgel in die St. Nikolai Kirche, 1521 Bau der neuen Marienkapelle, 1525 Neuguß der großen Glocke. Fünfzehn Jahre nach Beginn der Reformation endete der Verkauf von Pilgerabzeichen in Gettorf. 

Die älteste Kirchenchronik sind die Annalen von Pastor Marcus Runge begonnen 1632. Eine weitere Chronik schrieb 1832 der Pastor Lorenz Claußen, er war in Gettorf 50 Jahre tätig. Im Jahr 1880 schreibt Pastor Theodor Stoltenberg seine vielzitierte Chronik „In alten Zeiten“. Noch ältere schriftliche Dokumente der Gettorfer Kirche sind ein Rechnungsbuch ab 1485 und ein Schuldbuch, die wurden in den Chroniken und Baubeschreibungen bisher nicht berücksichtig, weil man sie nicht lesen konnte, da sie in gotischer Handschrift sind, während im 17. Jahrhundert in Kurrent Schrift geschrieben wurde. Viele Angaben zur Gettorfer Kirche lassen sind anhand des Rechnungsbuches, das erst 1962 ausgewertet wurde sehr genau belegen und müssten eigentlich in den vielen Baubeschreibungen der Gettorfer Kirche ergänzt werden. Zum Beispiel ist genau belegt, dass der Bau der neuen Marienkapelle an Stelle einer älteren am 29. Juni 1518 begonnen wurde und die Fertigstellung mit dem heute noch erhaltenen Marienaltar im Sommer 1521 erfolgte. Das Schuldbuch ab 1490 ist zugleich das älteste Einwohnerverzeichnis des Dänischen Wohld. Abschriften davon liegen im Landesarchiv in Schleswig, die Originale im Kirchenkreisarchiv.

Im März 1542 wurde die Evangelische Kirchenordnung für das Herzogtum in Rendsburg beschlossen. Drei Jahre später starb der letzte katholische Bischof Gottschalk von Ahlefeld in Schleswig. Die neue lutherische Lehre konnte sich danach ohne große Machtkämpfe und Bilderstürmerei im Herzogtum Schleswig durchsetzen. Die alten religiösen Traditionen, wie Seelenmessen an den Seitenaltären, Pilgern u.a.m. verschwanden. In Gettorf wurden nur noch 2 evangelische Geistliche benötigt. 1598 stifteten drei adligen Patrone von Ahlefeld eine von Hans Gudewerdt d. Ä. geschnitzte Kanzel, die den evangelischen Geist der neuen Zeit zum Ausdruck bringen sollte. Im Jahr 1619 wurde die nicht mehr benötigte St. Jürgen Kapelle abgebrochen. Mit dem Material wurde die Kirche ausgebessert. Das Silber der großen Reiterfigur wurde als Kapital verliehen und die blanke Holzfigur sowie die Altäre der vielen Heiligen und Anderes aus der alten Zeit kam auf den Kirchboden. Später wurde daraus Feuerholz, denn niemand wollte im 17. und 18. Jahrhundert so etwas haben. Der zuletzt angeschaffte Marienaltar wurde als Hauptaltar in die Kirche umgesetzt und der Name der Kapelle wurde auf die Kirche übertragen, die seitdem eine Sankt Jürgen Kirche ist.

Da Gettorf an dem Kreuzungspunkt der alten Heeresstraße von Jütland nach Lübeck lag, wurde der Ort immer wieder von Soldaten in den zahlreichen Kriegen des 17., des 18. und des 19. Jahrhunderts in Mittleidenschaft gezogen. Wie durch ein Wunder blieben dabei das Taufbecken von 1482, der Marienaltar von 1520 und die Gudewerdt Kanzel von 1598 sowie die Kirche selbst erhalten. Alle anderen Kirchengeräte und wertvollen Stücke wurden geplündert oder zerstört. Durch die Kriege und Pestwellen wurde die Bevölkerung immer wieder dezimiert und der wirtschaftliche Wiederaufbau dauerte mehrere Generationen. Die Kirche konnte daher oft nur notdürftig Instand gehalten werden. Als es für den Adel modern war, wurden zahlreiche Herrensitze, es gab elf verschiedene Güter im Kirchspiel, teils mit Außenzugang und vier Familiengrüfte an oder in die Kirche gebaut. Eine neue Orgel wurde 1866 von der Firma Marcussen und Sohn aus Apenrade eingebaut und die Kirche grundlegend renoviert. Zu dieser Zeit begann auch das Interesse an historischen Gebäuden und es wurde erstmals der Bestand von Dr. Richard Haupt umfangreich erfasst.  Alles kann man ausführlich nachlesen in den Chroniken von Pastor Clausen, Pastor Stoltenberg, Propst Michler, bei Dr. Richard Haupt und vielen anderen.

Erhard Graf

Links zu Claußen, Stoltenberg, Michler und Haupt

aus dem Gemeindeleben